Es weihnachtet sehr… Überall grüne Tannenzweige und -bäume, die festlich geschmückt die Schaufenster, Vorgärten und Stadtplätze zieren. Stimmung pur erlebt das laufende Volk derzeit auf den einsamen oder gemeinsamen Runden im Laufschritt. Wäre da nur nicht die Sache mit dem Grip…
Kaum fallen die Blätter von den Bäumen und verfärben sich vom gesunden Grün ins absterbende Braun, suchen viele vergeblich nach Halt auf dem rutschigen Untergrund. Trotz des ungewöhnlich trockenen Herbst sind die Wege morgens, dem Frühnebel oder Bodenfrost sei Dank, zudem rutschiger und schwieriger zu laufen. Gut, wenn man für solche Fälle der passende Schuh im Schrank schlummert – der Brooks Cascadia 6.
Das der Brooks Cascadia 6 nix für graue Mäuse ist, wird auf den ersten Blick klar. Grün, ein kräftiges Grün, ein sehr kräftiges Grün will beim Laufen gesehen werden. Speed Green hat der Hersteller diesen Farbton getauft. Den Kontrast zum grünen Hauptfarbton bilden schwarze Streifen, Muster und Senkel. Lediglich das Brooks-Logo sticht mit seinem silbrigen Glanz aus dem Grün-Schwarz hervor. Das Design ist gewöhnungsbedüftig, wer kräftige Farben mag, der wird von dem Schuh begeistert sein.
So fühlt sich’s an:
Trailrunning… Immer wieder diskutiert die Lauf-Community im Web über diesen Begriff. Wann läuft man Trails? Was gehört dazu? Wo liegt jetzt eigentlich der Unterschied? Betrachtet man mal den Vergleich anhand von Schuhen, kommt man schnell auf ein Ergebnis: Immer wenn der Untergrund weniger griffig ist und loser wird, kommen die Trailrunning-Schuhe ins Spiel. Ich persönlich bin kein Freund von dieser Begriffsbildung, da es die Laufart ja schon immer gab (Geländelauf, Crosslauf, Querfelein-Lauf…). Der Cascadia 6 wurde trotzdem recht schnell zu meinem Freund wenn es mal etwas abseits der Wege zu laufen gab.
Das Schlupfgefühl ist, wie bei fast jedem Brooks, von der ersten Minute an perfekt. Der Schuh sitzt wie angegossen und mein doch etwas breiterer Fuß kommt super mit dem Schuh zurecht (Größe 11, Weite D). Schon vor der Anprobe fällt aber auf, dass der Schuh wesentlich stabiler ist als Ghost, Glycerine und Co. Will heißen: Die Sohle ist recht verwindungssteif und wesentlich härter als die der anderen Schuhe in meinem Regal. An den Seiten sorgen spürbar härtere Ränder für genügend Halt und schützen den Fuß auch noch ausreichend gegen herumfliegende Steine (Ja, mir hat schon mal der Hintermann einen an die Ferse gekickt) und tiefhängende Äste.
Für einen ersten Test ging es gar nicht groß zum Laufen, sondern einfach mal kurz auf eine Runde mit dem Hund in den Wald. Hier kannte ich die rutschigen Stellen und wusste wo ich den Schuh mal grob testen konnte.
Der Cascadia in der freien Wildbahn
Der erste Aufstieg ist ein Schotterweg mit einer 15prozentigen Steigung. Es fühlt sich an als ob sich der Cascadia im Schotter festfrisst. Rutschen: Fehlanzeige. Das grobe Profil der Sohle zeigt seine Stärken und sorgt für jede Menge Grip. Durch die harte Sohle spürt man die Steine auch nicht großartig, die Fußsohle wird also nicht ständig wie bei einer Akkupunktur bearbeitet, sondern bleibt vom “Steinschlag” verschont.
Feuchte Holzbrücken und Stege gibt es hier genug. Besonders morgens, wenn der Tau auf den Wiesen, Wegen und eben auch Holzbauwerken steht, wird das dann schnell zur unfreiwilligen Rutschpartie. Ganz stark zeigt sich hier der Cascadia 6. Klar, voll Stoff in die Kurve und den Fuß auf dem feuchten Geläuf drehen, das packt auch der Trailschuh aus dem Hause Brooks nicht. Trotzdem: wer auf nassem und angefrorenem Holz ohne Wegzurutschen die Geschwindigkeit erhöhen kann, der fühlt sich sicher im Schuh.
Matschiges Geläuf und Pfützenlaufen – auch so ein Grenzfall, den man auf der Straße weniger kennt. Im Gelände kann es da schon mal passieren, dass es nass wird. Eines vorneweg: Der Cascadia ist nicht wasserdicht (wie z. B. der Ghost GTX). Wer also in Pfützen tritt, der bekommt nasse Füße… Wichtig war mir der Halt auf feuchten Steinen und im matschigen Gelände. Nach einigen Schritten im Schlamm haftet einiges an der groben Sohle. Erster Gedanke: “Oh no… schwere Schuhe kann ich gar nicht gebrauchen”. Auffallend: Der Schuh ist auf den ersten Schritten ausserhalb des Matsches wieder recht schnell sauber – der Dreck fällt einfach ab und sorgt schnell wieder für den gewohnten Grip. Überraschender Weise zeigte sich der Cascadia auch auf nassen Steinen erstaunlich rutschfest und trittsicher. Einige Sprünge über die Steine im Bachbett überstand ich trocken.
Fazit:
Gerne würde ich den Cascadia mit dem Ghost GTX vergleichen, habe aber meine lieben Probleme damit. Der Cascadia ist einfach zu speziell. Ist der Ghost GTX ein treuer Weggefährte der offroad genauso wie onroad liebt, gibt der Cascadia auf Trailgelände deutlich mehr her. Die Sohle ist eine Zacken härter, die Dämpfung weniger spürbar und somit läuft sich der Schuh etwas direkter. Auf der Straße macht mir persönlich der Schuh weniger Spaß, was aber nicht gerade wundert – Flip Flops geben ja auch fast nur am Strand eine gute Figur ab. Im Wald hat der Schuh alles was man sich vom begriff “Trail” erwünscht. Halt, Stabilität und trotzdem ausreichend Dämpfung sorgen für Spaß im Gelände und das Design ist gut gelungen.
Gerne würde ich den Schuh soweit einlaufen und ihn dann nächstes Jahr beim Fisherman’s Friend StrongmanRun tragen. Oh, ich höre euch schon schreien: “Nimm lieber alte Schuhe mit!” Aber ich kann euch beruhigen: Durch meine kurze Laufkarriere gibt es keine “alten” Schuhe im Schrank.